Wetterbedingt haben wir diese Woche den Ruhetag auf heute vorgezogen. Ab Mittwoch soll sich der andalusische Himmel wieder mit seiner bekannten blauen Farbe präsentieren. Nach vorerst etwas ratlosem herumstehen im Hotel, erinnerte ich mich wieder an einen meiner alten Wünsche. Die 30%-Rampe.

Es ist heute die letzte Möglichkeit. Die restlichen Tage sind für Fahrten mit den Gästen vorgesehen. Kaum einer der bereit ist, nach einem 100er und gegen 2000 Höhenmeter auch noch diese Rampe anzuhängen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil davor ja noch gut sieben Kilometer mit ebenfalls Steigungen gegen 20% zu bewältigen sind. Die 30% sind ja nur das Pünktchen auf dem “i”, sozusagen. Von der Abzweigung unserer Routen bis zu oberst sind gut 700 Höhenmeter auf sieben Kilometern zurückzulegen. Wobei eben die letzten Höhenmeter die 30%-Rampe ist.
Anders ist es, wenn ich diese Rampe heute direkt aus dem Hotel anfahre. Etwa 26 Kilometer und gut 1000 Höhenmeter. Ist doch mindestens ein Versuch wert.

Ich fahre über Turre in die Sierra Cabrera. Geniesse noch das Grün und Gelb der Hänge. Hat wohl der Regen der letzten Stunden hervor gebracht.
Ich passiere bald die Abzweigung, weg von unseren Standartrouten. Die sieben Kilometer gehen einigermassen gut durch. Die etwas flacheren Stücke kommen immer gerade zur rechten Zeit. Etwas Gegenwind, manchmal auch Rückenwind, ist halt so in Andalusien.
Nach einer leichten Biegung um einen Hang herum, stehe ich plötzlich vor einer Abzweigung. Das muss er sein, der 30%er. Ich fahre auf der jetzt ebenen Zufahrtsstrasse noch einmal hin und her. Soll ich es wagen? …. Klar, deshalb bin ich ja da.

Es ist fürchterlich steil. Ich versuche auf der schön geteerten Strasse im Zick-Zack hinaufzufahren. Komme aber mit dem Schuh am Vorderrad an und muss absteigen. War wohl keine gute Idee.
Nach einer Verschnaufpause, stelle ich das Rad quer auf die Strasse. Im zweiten Anlauf sind die Schuhe auch wieder eingeklickt und ich würge nun das Rad ziemlich senkrecht in die Höhe. Bis zur etwas flacheren Kurve. Aus. Absteigen. Warten.

Diesmal klappt das Enklicken im ersten Anlauf. Wenig später sehe ich oben schon die dreieckige Tafel von hinten. Ich hoffe, es sei die 30%-Tafel vom oberen Ende. Motivation und Kraft schiessen in die Oberschenkel. Es ist sie. Absteigen. Verschnaufen. Foto machen.

Die letzte Kehre bis zur Wetterstation hinauf ist auch noch steil. Aber irgendwie kann mich im Moment nichts mehr erschüttern. Am Tor der Wetterstation lasse ich den Blick über unseren Teil von Andalusien schweifen. Schade, hängen die Wolken derart tief. Die Aussicht müsste bei besserer Gelegenheit wohl grandios sein.

Als ich umkehre, fast 1000 Meter in die Tiefe fahre, kommt es mir vor, als hätte ich Abschied von einer Gegend genommen. Eine Gegend von der ich vor 14 Wochen eigentlich keine Ahnung hatte, von dem was sie ausser Orangen und Mandeln auch sonst noch zu bieten hat. Eine Gegend auch, die von mir viel körperlichen Einsatz und viele Schweisstropfen abverlangt hat. Eine Gegend, die andererseits aber auch sehr viele interessante Überraschungen bereit hatte und mir persönlich auch viel Freude brachte. Eine Gegend, die ich einfach lieb gewonnen habe.










Kommentare
6 Antworten zu „letzte Möglichkeit“
Hallo Urs
Das ist ja der Wahnsinn 30%!!!
Was habt ihr da für eine Kurbel am Velo, 3 oder 2 fach?
Ich habe ja schon Mühe bei 18% mit 2fach über eine längere Strecke.
Gruss Beat
Hoi Beat,
haben eine 2 fach Kurbel dran. Wobei das Schwierige nicht unbedingt der 30%er ist. Der ist nur ein paar Meter lang. Viel schwieriger sind die gut sieben Kilometer davor mit oft 15 – 20%. Das “horrible steep climb”-Segment von Strava sagt alles 😉
Genau da wäre eine 3fach Kurbel optimal. Anstatt heraufzuwürgen, einfach kleinere Gänge nehmen und es geht viel leichter und kostet weniger Kraft. Aber 7Kilometer 15-20% ist schon extrem. 😉
Genies noch Deine letzten Tage, hier sind gerade die Eisheiligen im Anmarsch. Bis Samstag Regen und kalt.
Gruss Beat
Danke, nur, hier beginnt sich auch der Regen breit zu machen. Nicht immer, aber häufiger als auch schon. Es regnet aber immerhin warm 🙂
Hallo Urs.
Gratulation! Du hast es geschafft und den legendären 30%er bezwungen. Super.
Geniess die kommenden Tage noch in “bella” Andalusien. In der Schweiz war über das Auffahrts-Wochenende bestes Gümmeler-Wetter. Es gab einige Höhenmeter….das Training von Mojácar macht sich bemerkbar. Ein gutes Gefühl!
Wünsche eine gute Rückkehr in die Schweiz und auf bald. Flo
Danke, Flo,
dachte, nach dieser wochenlangen Fahrerei über all die Hügel, sollte ich auch diesen noch bezwingen können ;-). Ist schon so, mein Trainingsstand war noch nie so gut wie jetzt